Liebe Kollegin, lieber Kollege,
alles neu macht der Mai, und zwar auch im Jahr 2045. In diesem besonderen Jahr konnten die Klimaziele der Bundesregierung von 2022 endlich realisiert werden und Deutschland ist nun offiziell klimaneutral. Stand 1.1.2045, wird Strom kostengünstig und nachhaltig erzeugt, und vor allem – das war der entscheidende Durchbruch – langfristig speicherbar. Wie zu erwarten, liefern die unzähligen in den letzten 30 Jahren errichteten erneuerbaren Energiequellen aus Sonne, Wind und Erdwärme weitaus mehr Energie, als wir jemals verbrauchen könnten.
Der Weg bis zu diesem Punkt war lang und nun ist es an der Zeit, einen kritischen Rückblick auf Chancen und Versäumnisse zu werfen. Es waren hohe Investitionen, Engagement und auch politische Auseinandersetzungen seit dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) von 2020 erforderlich, um den Übergang von fossilen Energiequellen zu einem klimaneutralen Leben zu ermöglichen. Noch im Jahr 2023 hatte es den Anschein, als ob das damals federführende Wirtschaftsministerium, unter Leitung des grünen Politikers Habeck, in die Falle seiner eigenen ambitionierten Ziele getappt war. Sowohl die energetische als auch die geopolitische Situation waren damals außerordentlich schwierig.
Angetrieben von einem Erdbeben in Fukushima, wurden 2023 die letzten deutschen Atomkraftwerke stillgelegt. Der Einmarsch Russlands in der Ukraine 2022 erhöhte die Abhängigkeit Deutschlands von fossilen Brennstoffen und damit von russischem Gas und Öl, was zu einem radikalen Umbau der gesamten deutschen Energiewirtschaft zwang. Der Weltklimarat hatte berechnet, dass das Klimaziel bis 2030 erreicht werden musste, um eine globale Erwärmung von unter 1,5 Grad zu gewährleisten.
Viele der damals getroffenen Entscheidungen beinhalteten daher in erster Linie temporäre Lösungen, um unter dem zeitlichen Druck der mittlerweile durch Wetterkapriolen weltweit sichtbaren Klimakrise schnellstmöglich und kurzfristig Resultate zu erzielen. Förderprogramme wurden ins Leben gerufen, um einen enormen Bestand an Gebäuden durch Fassadendämmung, Fenstertausch und Heizungsumbau im Verbrauch zu reduzieren, da die meisten Gebäude zu dieser Zeit noch mit Gas und Öl beheizt wurden. Aber selbst eine damalige Bundesbauministerin – 2023 war Diplom-Politologin Klara Geywitz (SPD) Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen – stellte fest: „Es gibt Bedenken, ob die zusätzlichen Kosten für die Dämmung im Verhältnis zur eingesparten Energie sinnvoll sind. Darüber hinaus entstehen bei der Produktion der Dämmstoffe auch Treibhausgase“. Fossil erzeugte Dämmstoffe, die nach einer verhältnismäßig kurzen Zeitspanne meist schon erste Schäden zeigten und als Sondermüll entsorgt werden mussten, stellen eine der toxischen Erbschaften dar, die uns aus jener Ära geblieben sind.
Der radikale Wandel in die richtige Richtung wurde erst mit dem Gebäudeenergiegesetz von 2024 eingeleitet. Die Erkenntnis, dass Strom in naher Zukunft, CO2-neutral, nachhaltig und im Überfluss zur Verfügung stehen würde, führte zu tiefgreifenden Veränderungen der Vorschriften. Es ist heutzutage kaum vorstellbar, dass auch Strom zu jener Zeit noch zu 50 % durch Kohle- oder Gaskraftwerke erzeugt wurde und durch fehlende Speichermöglichkeiten davon auch noch zu wenig zur Verfügung stand. Der Wechsel des Energieträgers hin zum Strom in Form von Wärmepumpen oder geothermischen Anlagen wurde jedoch mit dem GEG von 2024 angestoßen.
Der Übergang zur Elektromobilität … Fortsetzung folgt.
herzlichst Ihr
Stuart Stadler
Architekt VfA