Aufgrund der stetig verbesserten Batterietechnologien verlieren Gaskraftwerke als flexible Stromquellen zunehmend an Rentabilität. Dies schwächt das Argument der Betreiber für die Umstellung auf erneuerbare Energien. Es mag paradox klingen, aber Gasunternehmen fordern in der Zukunft nicht weniger, sondern vielmehr dringend neue Gaskraftwerke. Dies wird besonders in Deutschland deutlich, wo der Ausstieg aus der Kohleverstromung bis 2030 geplant ist. Der Grund hierfür liegt darin, dass bei Mangel an Kohle- oder Gaskraftwerken zu bestimmten Zeiten, wie beispielsweise nachts, gravierende Stromengpässe drohen. Für die Branche ist Gas gewissermaßen der verlässliche Partner von Sonne und Wind – stets verfügbar, wenn gebraucht, zuverlässig und flexibel. Gaskraftwerke können rasch zugeschaltet werden, wenn Solar- und Windanlagen nicht genug Strom produzieren, um Schwankungen im Stromnetz auszugleichen. Dies stellt eines der Hauptargumente dar, die die Gasbranche in der Debatte um die Energiewende vorbringt.
Jedoch konkurrieren Gaskraftwerke seit einigen Jahren als Reservekapazitäten zunehmend mit großen Batteriespeichern. Diese Speicher können Strom je nach Bedarf speichern oder wieder ins Netz einspeisen, um – ähnlich wie Gaskraftwerke – das Gleichgewicht zwischen Erzeugung und Verbrauch herzustellen. Global Energy Monitor-Daten zeigen, dass in der ersten Jahreshälfte dieses Jahres weltweit 68 Gaskraftwerksprojekte aufgrund mangelnder Rentabilität auf Eis gelegt oder gestrichen wurden. Gleichzeitig entstehen weltweit und auch in Europa immer mehr große Batteriespeicher. Zum Beispiel wird in Sachsen-Anhalt, Deutschland, bis 2025 der größte Batteriespeicher Europas gebaut werden. Dieser soll rund 600 Megawattstunden Strom speichern können – genug, um eine halbe Million Haushalte im Land für zwei Stunden mit Strom zu versorgen. Kürzlich ging im Gailtal in Kärnten das bisher größte Batteriespeicherkraftwerk Österreichs ans Netz. Die Anlage, die mit Tesla-Speichereinheiten arbeitet, hat eine Gesamtkapazität von 20,6 Megawattstunden.
Ein weiterer Grund für diesen Aufschwung liegt in den vielen Batteriespeichern, die Haushalte vermehrt gemeinsam mit Solaranlagen installieren. In Österreich waren 2022 private Batteriespeicher mit einer Kapazität von insgesamt 480 Megawattstunden installiert – doppelt so viel wie im Vorjahr.
Ein Haupttreiber für dieses Wachstum sind die gesunkenen Kosten für Lithium-Ionen-Batterien, die in den Batteriespeichern verwendet werden. Diese Kosten sind seit 2010 um etwa 90 Prozent gesunken. Laut Jürgen Fleig, Vorstand des Instituts für Chemische Technologien und Analytik an der TU Wien, hat die Technologie in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht. Batteriespeicher gewinnen massiv an Bedeutung, auch durch neue Generationen wie Redox-Flow-Batterien, die nicht brennbar sind, sich häufig aufladen lassen und nur sehr wenig Selbstentladung haben, was zu einer insgesamt längeren Lebensdauer führt. Durch diese Entwicklungen können Batteriespeicher auch wirtschaftlich immer besser mit Gaskraftwerken konkurrieren.
Ebenfalls tragen Elektroautos, die mit Lithium-Ionen-Batterien ausgestattet sind, zu einem wachsenden Pool an Batteriespeichern bei. Da Elektroautos die meiste Zeit geparkt sind, können sie beispielsweise überschüssigen Strom von Solaranlagen speichern. Viele neue Elektroautos enthalten Batterien, die ein Haus im Durchschnitt für einen oder mehrere Tage mit Strom versorgen könnten. Theoretisch könnten Elektroautos auch zu einem virtuellen Kraftwerk zusammengeschlossen werden, um ebenfalls zur Stabilisierung des Stromnetzes beizutragen. „Es gibt enorm viele Speicherkapazitäten“, sagt Bernhard Wille-Haußmann, Leiter der Abteilung Smart Grid Operation beim deutschen Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE. Die Frage ist jedoch, wie gut sich diese in Zukunft erschließen lassen.
Gaskraftwerke haben jedoch zunehmend mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen. Der gestiegene Gaspreis hat auch den Strom aus Gaskraftwerken teurer gemacht, was sie weniger wettbewerbsfähig macht. Gleichzeitig müssen sie mit vergleichsweise hohen Betriebskosten und einem immer höheren Angebot an Strom aus erneuerbaren Energien umgehen, was dazu führt, dass sie im Vergleich zu früher meist mit geringerer Auslastung laufen. Laut einer Analyse der Non-Profit-Organisation Carbon Tracker arbeiten bereits mehr als ein Fünftel der europäischen Gaskraftwerke mit Verlusten. Zudem erhalten Gaskraftwerke nicht mehr so leicht notwendige Finanzierungen. Seit Anfang des Jahres müssen sie laut der EU-Taxonomie bestimmte Nachhaltigkeitskriterien erfüllen, um als grüne Investitionen zu gelten. Beispielsweise dürfen Gaskraftwerke bestimmte CO2-Grenzwerte nicht überschreiten und müssen bis 2035 auf klimafreundlichere Energieträger umsteigen, etwa auf grünen Wasserstoff oder Biogas.
Warum beharrt die Branche auf dem Ausbau von Gaskraftwerken, obwohl sie zunehmend unrentabel werden? Besonders in Österreich, das im Vergleich zu Deutschland über eine stabile Stromversorgung aus Wasserkraft verfügt?
Laut Christoph Schuh von Austrian Power Grid sind Gaskraftwerke vorerst unverzichtbar, um eine zuverlässige Stromversorgung und die Stabilität der Stromnetze zu gewährleisten. Gaskraftwerke decken etwa 15 Prozent des jährlichen Strombedarfs im Land ab, aber zu Spitzenzeiten kann ihr Beitrag auf bis zu 40 Prozent steigen. Schuh betont, dass es noch lange dauern wird, bis alternative Lösungen bereitstehen. Daher sollte man nicht zwischen Gaskraftwerken und Batteriespeichern wählen, sondern vielmehr beide gemeinsam in Betracht ziehen.
Jedoch unterstreicht Fleig die Notwendigkeit, sich von Gas als Energiequelle zu lösen, um die Energiewende zu bewältigen. Es reicht nicht aus, nur erneuerbare Energien zu fördern. Die große Herausforderung besteht darin, Energiespeicher und Netze so zu erweitern, dass sie mit dem Wachstum der erneuerbaren Energien Schritt halten können. Dies muss in den kommenden zehn bis fünfzehn Jahren erreicht werden.
Bernhard Wille-Haußmann sieht die Zukunft der kurzfristigen Stromspeicherung eindeutig in Batteriespeichern. Er glaubt nicht daran, dass Menschen ihren Stromverbrauch stark an die Stromproduktion anpassen werden. „Ich möchte selbst entscheiden, wann ich kochen möchte, unabhängig davon, ob die Sonne scheint oder nicht“, erklärt er.
Bei der Langzeitspeicherung haben Gaskraftwerke jedoch weiterhin ihre Berechtigung. Insbesondere wenn es darum geht, überschüssigen Strom vom Sommer in den Winter zu übertragen, betont Wille-Haußmann. Denn dafür wird eine viel größere Speicherkapazität benötigt, die Batterien allein nicht bewältigen können. Gaskraftwerke könnten überschüssigen erneuerbaren Strom im Sommer durch Elektrolyse in Wasserstoff umwandeln und diesen im Winter bei Bedarf wieder in Strom zurückverwandeln – vorausgesetzt, die Kraftwerke werden rechtzeitig auf Wasserstoff umgerüstet.
„Es könnte paradoxerweise sein, dass wir in Zukunft tatsächlich noch mehr Gaskraftwerke benötigen“, sagt Wille-Haußmann. Diese werden jedoch nicht so häufig betrieben werden. „Die Wirtschaftlichkeit der Kraftwerke wird leider nicht besser werden.“