Günstige Mieten, demokratische Mitbestimmung und lebenslanges Wohnrecht – das versprechen alternative Wohnprojekte. Doch die Gemeinschaft kann auch Zeit und Energie kosten. Lohnt sich das Engagement? Hier ist ein Überblick:
Die Mieten in Deutschland erreichen Rekordniveaus, und hohe Zinsen deuten auf einen weiteren Preisanstieg hin. Gemeinschaftliche Wohnprojekte wie Genossenschaften und Mietshäusersyndikate entziehen dem freien Markt Immobilien und bieten günstigeren Wohnraum als Alternative. Diese Projekte bieten eine alternative Wohnform, bei der Gruppen gemeinsam und selbstbestimmt ihre Wohnbedürfnisse organisieren und gestalten. Oftmals werden private und gemeinschaftliche Flächen mit funktionaler Architektur kombiniert. Zum Beispiel können die einzelnen Wohneinheiten etwas kleiner ausfallen, dafür ist zusätzlicher gemeinschaftlicher Raum wie eine Dachterrasse, ein Hobbyraum, eine Sauna oder ein großzügiger Garten möglich.
Das Besondere: Oft sind die Immobilien im kollektiven Besitz. Weder externe Vermieter noch einzelne Bewohner besitzen das Haus allein. Stattdessen wird das Eigentum formell an eine Genossenschaft oder ähnliche Körperschaften übertragen. Die Mieter werden so zu ihren eigenen Vermietern. Da die Körperschaften nicht gewinnorientiert sind, können die Wohnungen dauerhaft günstig bleiben.
In Deutschland gibt es zwei weit verbreitete Projektformen: Wohnungsbaugenossenschaften und das Mietshäuser-Syndikat. Wohnungsbaugenossenschaften zählen zu den klassischen Projektformen mit mehr als 2000 Standorten bundesweit. Mitglieder, die oft zukünftige Bewohner sind, kaufen zunächst Genossenschaftsanteile. Mit diesem gemeinschaftlichen Kapital kann ein Baukredit angezahlt werden, der dann langfristig über die Mieteinnahmen abgestottert wird. Dabei ist Mitbestimmung fest verankert: Alle Genossenschaftsmitglieder, unabhängig von ihrer finanziellen Beteiligung, haben das gleiche Stimmrecht in den Mitgliederversammlungen.
Das Mietshäuser-Syndikat wiederum ist ein Solidarverbund, in dem deutschlandweit über 180 Hausprojekte organisiert sind. Das Wohneigentum der Projekte wird jeweils an eine eigenständige GmbH übertragen. Alle Mitbewohner sind automatisch Mitgesellschafter und können demokratisch mitentscheiden. Anders als bei Genossenschaften, sind Mitbewohner nicht verpflichtet, Eigenkapital einzubringen. Eine Mitgliedschaft ist so unabhängig vom Geldbeutel möglich.
Warum ist das Wohnen in den Projekten günstiger? Das Mietshäuser-Syndikat und die Genossenschaften müssen mit den Mieteinnahmen keine Gewinne erzielen. Vielmehr orientieren sie die Mietpreise an den realen Kosten, die für die Finanzierung eines Wohnhauses anfallen. Die „Kostenmiete“ umfasst bei Neubauten nur die Tilgung von Krediten und Zinsen, die Nebenkosten sowie die Bildung von Rücklagen für Instandhaltungsarbeiten. Wenn der Baukredit abbezahlt ist, können die Mieten sogar noch weiter sinken.
Für wen lohnen sich gemeinschaftliche Wohnprojekte? Der Beginn eines gemeinschaftlichen Wohnprojekts ist aufwändig. Bis zum ersten Spatenstich können viele Jahre vergehen. Eine Mitgliedschaft wird dann sinnvoll, wenn man langfristige Wohnpläne an einem Ort hat und nicht plant, häufig umzuziehen.
Wie wirkt sich die aktuelle Baukrise auf die Projekte aus? Explodierende Baukosten und hohe Zinsen belasten auch gemeinschaftliche Wohnprojekte. Viele Initiativen stehen deswegen auf der Kippe oder kämpfen um ihre Finanzierung. Einige Neubauprojekte mussten bereits in der Planungsphase aufgegeben werden. Wo dennoch gebaut wird, müssen zukünftige Mieter mit erheblich höheren Mieten rechnen. Doch nicht nur Neubauprojekte leiden unter dieser Entwicklung. Auch Bestandsgenossenschaften sind betroffen: Hier steigen die Mieten, weil Betriebskosten, Instandhaltungsaufwendungen und Modernisierungsmaßnahmen erheblich teurer geworden sind. Trotz des aktuellen Anstiegs sollten die Mieten langfristig in gemeinschaftlichen Wohnprojekten niedriger sein als auf dem freien Markt.