Renaissance am Alexanderplatz: Die Metamorphose des Hauses der Statistik
Im Schatten des Berliner Fernsehturms, am nördlichen Abschluss des Alexanderplatzes, steht das Haus der Statistik – ein Bauwerk, das nicht nur die Architekturgeschichte Ost-Berlins widerspiegelt, sondern auch einen tiefgreifenden Wandel in seiner Nutzung und Bedeutung durchlebt hat. Vom Symbol sozialistischer Funktionalität hin zu einem modernen Kulturzentrum, spiegelt dieses Gebäude eine Reise durch Zeit und Ideologien wider.
Der Ursprung: Ein sozialistischer Zweckbau
Erbaut im Jahr 1968, im Zuge des sozialistischen Umbaus der Ost-Berliner Stadtmitte, diente das Hochhaus zunächst als Zentralverwaltung für Statistik. Entworfen vom Architektenkollektiv Manfred Hörner, Peter Senf und Joachim Härter, integrierte das Gebäude neben Büroflächen auch kommerzielle und kulturelle Einrichtungen wie Gaststätten und Einzelhandelsgeschäfte, darunter die Suhler Jagdhütte und das Geschäft für russische Produkte, Natascha.
Ein Ensemble am Alexanderplatz
Das Haus der Statistik bildete zusammen mit den umliegenden Hochhäusern – Haus des Lehrers, Haus des Reisens, Haus des Berliner Verlags und Haus der Elektroindustrie – ein architektonisches Ensemble. Diese Konstellation am Alexanderplatz wurde durch den nahegelegenen Fernsehturm ergänzt, der seit 1969 seine silberne Kugel über die Stadt erhob.
Nachwendezeit und Verfall
Nach der Wiedervereinigung Deutschlands wurde das Haus der Statistik weiterhin als Bürogebäude genutzt. Allerdings begann im Jahr 2008 ein Prozess des Niedergangs: Das Gebäude wurde leergeräumt und begann zu verfallen. Trotz des Besitzwechsels zur Bundesrepublik Deutschland, die Pläne zum Abriss und Verkauf des Areals hatte, konnte der Berliner Senat im Rahmen des Hauptstadtfinanzierungsvertrags den Baukomplex 2017 erwerben, was neue Möglichkeiten für seine Erhaltung und Umnutzung eröffnete.
Künstlerische Besetzung und Transformation
Eine bedeutende Wendung in der Geschichte des Hauses trat 2015 ein, als Künstlerinnen und Künstler das Gebäude besetzten und es schrittweise einer neuen Nutzung zuführten. Diese Aktion mündete in der Legalisierung und Institutionalisierung des Gebäudes als Kulturort.
„Allesandersplatz“ – Ein Film dokumentiert den Wandel
Der jüngste Meilenstein in der Geschichte des Hauses ist der Dokumentarfilm „Allesandersplatz“. Er erfasst den Zeitraum von Juni 2019 bis Oktober 2020, eine Phase intensiver Zusammenarbeit zwischen Stadtverwaltung, Planern, Kreativen und der Zivilgesellschaft, mit dem Ziel, das Bürohochhaus in einen lebendigen Raum für Kunst, Kultur und soziales Engagement umzuwandeln. Der Film, verfügbar auf Streaming-Plattformen wie „Sooner“ und Amazon Prime, veranschaulicht ein neues Konzept städtischen Lebens, das in diesem einzigartigen Projekt Gestalt annimmt.
Das Haus der Statistik steht heute als Zeugnis eines bemerkenswerten städtebaulichen und soziokulturellen Wandels. Von einem rein funktionalen Bauwerk der DDR-Ära hat es sich zu einem pulsierenden Kulturzentrum entwickelt, das neue Maßstäbe für die Umnutzung historischer Gebäude setzt. Der Film „Allesandersplatz“ ist nicht nur eine Dokumentation dieses Prozesses, sondern auch eine Inspiration für zukünftige städtische Entwicklungsprojekte.