
Europas Architekturschulen im globalen Wettbewerb
Das QS World University Ranking gilt als einer der einflussreichsten Gradmesser für akademische Exzellenz weltweit. Im März 2025 veröffentlichte das britische Unternehmen Quacquarelli Symonds die neueste Ausgabe seiner Fächerrankings, darunter auch die begehrte Kategorie Architecture & Built Environment. Über 250 Institutionen wurden bewertet, und die Ergebnisse zeichnen ein aufschlussreiches Bild der europäischen Architekturlandschaft.
Britische Dominanz an der Spitze
Die Bartlett School of Architecture am University College London verteidigt zum dritten Mal in Folge die globale Spitzenposition. Dekanin Jacqui Glass bezeichnet die Fakultät als besonders diverse und lebendige Gemeinschaft und verweist auf die multidisziplinäre Ausrichtung der Lehre. Mit über 16.000 Mitarbeitenden und Studierenden aus 150 Ländern positioniert sich die Bartlett als größte und vielfältigste Fakultät für gebaute Umwelt im Vereinigten Königreich. Die Manchester School of Architecture, eine Kooperation zwischen der University of Manchester und der Manchester Metropolitan University, hält Platz fünf und punktet besonders bei der Arbeitgeberreputation mit einem Wert von 98,9 von 100.
Die kontinentalen Platzhirsche
Auf dem europäischen Festland dominieren zwei Institutionen seit Jahren das Feld: Die Technische Universität Delft in den Niederlanden erreicht global Platz drei, die ETH Zürich folgt auf Rang vier. Beide Hochschulen verbinden traditionelle architektonische Ausbildung mit digitaler Innovation und Nachhaltigkeitsforschung. Das Politecnico di Milano teilt sich mit der Tsinghua Universität Peking den siebten Platz und konnte sich damit gegenüber dem Vorjahr verbessern. Die EPFL Lausanne rundet als zweite Schweizer Hochschule die europäische Präsenz unter den ersten zwanzig ab.
Deutschland: Solide, aber ohne Spitzenplätze
Die deutschen Architekturschulen zeigen sich stabil, können aber nicht in die obersten Ränge vorstoßen. Die Technische Universität Berlin belegt Platz 27 und damit die beste deutsche Positionierung im Bereich Architektur. Mit rund 1.600 eingeschriebenen Studierenden ist sie gleichzeitig Deutschlands beliebteste Architekturfakultät. Die TU München folgt auf Rang 29, beide haben sich gegenüber dem Vorjahr um zwei Positionen verbessert. In der Ranggruppe 51 bis 100 finden sich das Karlsruher Institut für Technologie, die RWTH Aachen und die Universität Stuttgart.
Was Rankings (nicht) aussagen
Die QS Methodik basiert auf fünf Kernkriterien: akademische Reputation, Arbeitgeberreputation, Forschungsleistung gemessen an Zitationen, internationale Forschungsnetzwerke und Forschungsimpact. Diese Gewichtung bevorzugt naturgemäß große, forschungsintensive Universitäten mit englischsprachiger Publikationstradition. Kleinere Kunstakademien und praxisorientierte Fachhochschulen, die in der deutschsprachigen Architekturausbildung eine zentrale Rolle spielen, finden in solchen Rankings kaum Beachtung.
Die Konzentration auf quantifizierbare Indikatoren wirft Fragen auf: Lässt sich architektonische Qualität in Zitationsindizes messen? Spiegeln Arbeitgeberbefragungen tatsächlich die Kompetenz von Absolventinnen und Absolventen wider, oder eher die Markenbekanntheit einer Institution?
Digitale Transformation als Differenzierungsmerkmal
Ein Blick auf die curricularen Entwicklungen zeigt, dass die führenden Hochschulen massiv in digitale Kompetenzen investieren. Building Information Modeling, parametrisches Design und Nachhaltigkeitssimulation sind keine Randthemen mehr, sondern integraler Bestandteil moderner Architekturlehre. Die Bundesarchitektenkammer hat mit dem Leitfaden Digitale Planung in der Hochschulausbildung wichtige Vorarbeit geleistet, doch die Umsetzung in den Curricula variiert stark zwischen den Standorten.
Studierende fordern verstärkt praxisnahe BIM Kompetenz, während sich traditionelle Lehrpläne noch an herkömmlichen Berufsbildern orientieren. Die erfolgreichen europäischen Fakultäten zeichnen sich durch eine Integration von Theorie und digitaler Praxis aus, die über bloße Softwareschulung hinausgeht.
Nachhaltigkeit als Zukunftskriterium
Die QS Rankings berücksichtigen seit 2024 erstmals Nachhaltigkeitsindikatoren. Diese Erweiterung der Methodik reflektiert einen Paradigmenwechsel in der Architekturausbildung: Die gebaute Umwelt verantwortet etwa 40 Prozent der globalen CO2 Emissionen, und künftige Architektinnen und Architekten müssen für diese Herausforderung ausgebildet werden. Hochschulen wie die ETH Zürich mit dem Future Cities Laboratory oder die TU Delft mit ihren Forschungsschwerpunkten zu zirkulärem Bauen positionieren sich hier als Vorreiter.
Fazit
Rankings sind Orientierungshilfen, keine absoluten Wahrheiten. Für Studieninteressierte bieten sie einen ersten Anhaltspunkt, der durch persönliche Recherche ergänzt werden sollte. Die geografische Nähe, Studiengebühren, Unterrichtssprache und individuelle Studienschwerpunkte spielen bei der Wahl des Studienorts eine ebenso wichtige Rolle wie internationale Ranglisten.
Die europäische Architekturausbildung präsentiert sich insgesamt stark aufgestellt: Sechs der globalen Top Ten stammen aus Europa, darunter Großbritannien, die Niederlande, die Schweiz und Italien. Für den deutschsprachigen Raum bleibt die Herausforderung bestehen, die vorhandene Lehrqualität auch in internationaler Sichtbarkeit abzubilden. Die beste Architekturschule ist letztlich jene, die den individuellen Bildungszielen am besten entspricht.
LINKS ZU DEN UNIVERSITÄTEN
Top 10 Europa:
-
Bartlett School of Architecture (UCL): www.ucl.ac.uk/bartlett
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TU Delft: www.tudelft.nl/architecture
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ETH Zürich: arch.ethz.ch
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Manchester School of Architecture: www.msa.ac.uk
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Politecnico di Milano: www.polimi.it
12. University of Cambridge: www.arct.cam.ac.uk
14. EPFL Lausanne: www.epfl.ch/schools/enac
Deutsche Universitäten:
27. TU Berlin: www.tu.berlin/architektur
29. TU München: www.ar.tum.de
51-100. KIT Karlsruhe: www.arch.kit.edu
51-100. RWTH Aachen: www.architektur.rwth-aachen.de
51-100. Universität Stuttgart: www.architektur.uni-stuttgart.de
QS Ranking Quelle:
QS World University Rankings Architecture & Built Environment 2025

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