
Novellierungsprozess der HOAI: Zwischen Stillstand und Aufbruch
Der Novellierungsprozess der HOAI (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure) bleibt nach der Bundestagswahl vorerst ungewiss. Die Reform, die dringend nötige Anpassungen an moderne Anforderungen wie Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Klimaanpassung vorsieht, ist ins Stocken geraten. Ein Rückblick und ein Ausblick zeigen, warum diese Novelle von entscheidender Bedeutung für die Zukunft der Planungsberufe ist.
Warum die HOAI-Novelle notwendig ist
Die HOAI bildet seit Jahrzehnten den rechtlichen Rahmen für die Honorierung von Planungsleistungen. Doch die letzte umfassende Anpassung liegt mehr als zehn Jahre zurück. Seither haben sich die Anforderungen an Architektinnen und Architekten massiv verändert. Themen wie Building Information Modeling (BIM), nachhaltiges Bauen und die Klimaanpassung sind inzwischen integraler Bestandteil der Planung, werden jedoch von der aktuellen HOAI nur unzureichend berücksichtigt.
Nachhaltigkeit beispielsweise soll erstmals in die HOAI integriert werden, sodass sich Leistungsbilder explizit darauf beziehen können. Auch die Digitalisierung spielt eine zentrale Rolle: BIM soll nicht mehr als „besondere Leistung“ gewertet werden, sondern als Regelprozess etabliert werden. Ebenso dringend ist eine Vereinfachung der Regelungen zum Umbauzuschlag und die Schaffung eines eigenständigen Leistungsbildes für den städtebaulichen Entwurf.
Der aktuelle Status: Verzögerung durch die Wahl
Die Novelle der HOAI war ein zentraler Bestandteil des Koalitionsvertrags der inzwischen zerbrochenen Ampelregierung. Geplant war, die Reform noch vor den Bundestagswahlen abzuschließen. Doch die Zeit reichte nicht aus. Laut dem Bundeswirtschaftsministerium unter Robert Habeck (Grüne) war es unmöglich, den Prozess „anständig“ bis zur Neuwahl zu vollenden. Der Reformprozess, der auf zwei umfassenden Gutachten basiert, bleibt damit unvollendet.
Diese Gutachten, darunter das sogenannte Planungsbereichsgutachten und das Honorargutachten, bieten jedoch eine fundierte Grundlage, auf der die neue Bundesregierung aufbauen kann. Beide Arbeiten wurden unter intensiver Mitwirkung von Fachverbänden und Kammern erstellt und legen konkrete Vorschläge für eine zukunftsweisende HOAI vor.
Die wichtigsten Änderungsvorschläge
Die Ergebnisse der bisherigen Reformarbeit lassen sich in vier zentrale Punkte zusammenfassen:
- Building Information Modeling (BIM): BIM soll zukünftig als Regelprozess und nicht als besondere Leistung gewertet werden. Dies würde die Integration dieses digitalen Planungsstandards erleichtern und Honorare fairer gestalten.
- Nachhaltigkeit: Eine Definition für Nachhaltigkeit soll erstmals in die HOAI aufgenommen werden. Dies betrifft unter anderem die Vorplanung im Bereich Freianlagen, die klimatische Rahmenbedingungen explizit berücksichtigen soll.
- Bauen im Bestand: Umbauten, Modernisierungen und Instandsetzungen sollen als eigenständiger Bereich „Objekte im Bestand“ geführt werden. Dies erleichtert die Anwendung und schafft Klarheit.
- Städtebaulicher Entwurf: Die Einführung eines eigenständigen Leistungsbildes für den städtebaulichen Entwurf soll die Bedeutung dieses Bereichs stärken und Klimaanpassung als Ziel verankern.
Herausforderungen und Perspektiven
Die Verzögerung der Novelle birgt jedoch Risiken. „Leistungen in der Flächenplanung sowie bei den meisten nachhaltigen und klimaschonenden Transformationsprozessen sind deutlich unterfinanziert“, betonte der Bund Deutscher Landschaftsarchitekten (BDLA) in einem Schreiben an die Bundesregierung. Ohne eine zeitnahe Umsetzung droht die HOAI weiter an Relevanz zu verlieren. Bereits jetzt generieren viele Planungsbüros nur noch einen Bruchteil ihrer Umsätze aus HOAI-basierten Leistungen.
Mit einer solchen Novelle würden jedoch die grundlegenden Probleme der HOAI, die seit dem Wegfall der verbindlichen Mindestsätze bestehen, noch nicht gelöst. Diese Probleme, die unter anderem zu ungleichen Honorarentwicklungen und einer unzureichenden Abbildung der tatsächlichen Planungsaufwände führen, warten nach wie vor auf eine langfristige und tragfähige Lösung.
Eine zentrale Frage bleibt, ob die neue Bundesregierung die Novelle überhaupt umsetzen will. Die CDU, die in Wahlumfragen derzeit führend ist, befürwortete vor vier Jahren noch eine HOAI-Reform. Ob sie jedoch in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit bereit ist, die Kosten für Bauvorhaben weiter zu erhöhen, bleibt ungewiss.
Fazit: Hoffnung auf einen Neustart
Trotz der politischen Ungewissheit gibt es Grund zur Hoffnung. Die bisher erarbeiteten Gutachten liefern eine solide Grundlage, um die Reform zügig voranzutreiben. Sollte die neue Bundesregierung die Novelle prioritär behandeln, könnte die neue HOAI innerhalb weniger Monate in Kraft treten. Dies wäre ein entscheidender Schritt, um die Planungswelt fit für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu machen.
Die HOAI bleibt ein zentrales Instrument, um faire Bedingungen und leistungsgerechte Honorare zu gewährleisten. Eine zukunftsorientierte Reform wäre nicht nur im Interesse der Planenden, sondern auch ein Beitrag zu einer nachhaltigen und klimafreundlichen Baukultur.

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