
Der Traum vom Turm – und seine Tücken
Der Elbtower, einst Symbol für Hamburgs Aufbruch in die architektonische Weltliga, droht zu einem Mahnmal der Investorenkrise zu werden. Nach dem spektakulären Aus der Signa-Gruppe unter René Benko ruhen die Bauarbeiten seit Monaten. Die imposante Hülle ragt zwar bereits 100 Meter in die Höhe, doch von dort aus geht es momentan weder nach oben noch nach vorn. Die neue Hoffnung trägt einen alten Namen: Klaus-Michael Kühne. Der 87-jährige Logistikmilliardär hat angekündigt, bis zu 100 Millionen Euro beizusteuern – sofern die Rahmenbedingungen stimmen. Doch genau daran hapert es.
„Ich glaube nicht, dass es sich realisieren lässt“
Mit diesem Satz sorgte Kühne für Unruhe. Öffentlich äußert er Zweifel am Weiterbau. Ein Statement, das in der Immobilienwelt einem Erdbeben gleicht – und wohl auch politisches Kalkül enthält. Denn in Wahrheit fehlt es dem Konsortium um Kühne und Immobilienentwickler Dieter Becken schlicht an weiteren Geldgeberinnen und Geldgebern. Statt der erforderlichen 400 Millionen Euro sind bislang gerade einmal 25 Prozent der Summe in Aussicht gestellt.
Hoffnungsträger Naturkundemuseum
Ein möglicher Ausweg: das Naturkundemuseum der Leibniz-Gemeinschaft, das ohnehin bis 2027 einen neuen Standort sucht. Dieter Becken hat den Vorschlag gemacht, die unteren Etagen des Elbtowers für das Museum bereitzustellen. Die Politik signalisiert vorsichtige Zustimmung – doch von einer Entscheidung ist man weit entfernt. Die Prüfung sei komplex, heißt es aus der Hafencity GmbH. Tatsächlich geht es um weit mehr als Quadratmeter: Es geht um Forschungsräume, Depotflächen, öffentliche Zugänglichkeit – und nicht zuletzt um eine langfristige finanzielle Verpflichtung der Stadt.
Strategie oder Rückzug?
In der Immobilienbranche ist es höchst ungewöhnlich, dass Investorinnen und Investoren mitten in den Verhandlungen mit pessimistischen Tönen an die Öffentlichkeit treten. Kühnes Aussagen lassen sich auch als Warnschuss verstehen – oder als strategischer Druckaufbau. Seine Botschaft: Ohne Beteiligung der Stadt kein Elbtower.
Die Stadt indes zögert. Bürgermeister Tschentscher hat stets betont, das wirtschaftliche Risiko dürfe nicht einseitig bei der öffentlichen Hand liegen. Doch eine Anmietung von über 30.000 Quadratmetern durch das Naturkundemuseum käme einer langfristigen Subvention gleich – mit bis zu einer Million Euro Monatsmiete.
Zwischen Abriss und Aufbruch
Kühne spricht sogar vom möglichen Abriss in ein bis zwei Jahren, sollte keine Lösung gefunden werden. Was bleibt dann vom Elbtower? Ein Mahnmal gescheiterter Investorenfantasien? Oder ein Zwischenstadium in einem langwierigen städtischen Aushandlungsprozess? Fakt ist: Der Elbtower steht exemplarisch für die Fragilität großdimensionierter Stadtentwicklungsprojekte in Zeiten multipler Krisen – wirtschaftlich, politisch und gesellschaftlich. Der einst als dritthöchstes Gebäude Deutschlands geplante Turm von David Chipperfield Architects droht zum teuersten Rohbau des Landes zu werden. Oder zur spektakulärsten Re-Use-Fläche Hamburgs.
Ausblick: Ein Turm, viele Fragen
Ob sich der Elbtower als Symbol des Scheiterns oder der Resilienz etabliert, hängt maßgeblich vom politischen Willen, der finanziellen Realität und der gesellschaftlichen Akzeptanz ab. Fest steht: Visionen brauchen Substanz – und Geduld.

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