Tückische Tinte: Wenn Architekten und Architektinnen Verträge unterschreiben
In der Welt der Architektur dreht sich alles um Präzision, Kreativität und die Umsetzung kühner Visionen. Doch wo Licht ist, da ist auch Schatten – und dieser lauert oft in Form von Vertragsklauseln, die auf den ersten Blick harmlos erscheinen mögen. Eine besonders heimtückische Falle stellt die sogenannte Beschaffenheitsvereinbarung dar, die in Verträgen zwischen Auftraggebern und Auftraggeberinnen sowie Architekten und Architektinnen zunehmend Verwendung findet.
Die Crux mit der Kostenobergrenze
Auf den ersten Blick erscheint eine Beschaffenheitsvereinbarung, die eine Kostenobergrenze festlegt, als sinnvolles Instrument zur Budgetkontrolle. Schließlich möchten Bauherren und Bauherrinnen Gewissheit über die maximalen Ausgaben haben. Doch hier beginnt der Tanz auf dem finanziellen Vulkan für die Planenden.
„Eine Beschaffenheitsvereinbarung kann eine Vielzahl von Bauherrenrisiken vermeintlich ohne Weiteres auf den Architekten verschieben“, warnt der Fachanwalt Axel Plankemann. Dies gelte „selbst dann, wenn der Architekt die Kostenrisiken selbst weder beeinflussen kann noch zu vertreten hat.“ Eine brisante Situation, die das Potenzial hat, aus einem Traumprojekt einen Albtraum werden zu lassen.
Die Tücken des Kleingedruckten
Der Teufel steckt, wie so oft, im Detail. Oft reicht schon die bloße Kommunikation von Kostenvorstellungen des Bauherrn oder der Bauherrin aus, um eine bindende Vereinbarung zu suggerieren. Der Bundesgerichtshof zeigt sich bei der Annahme solcher Absprachen erstaunlich großzügig. Ein ausdrücklicher Widerspruch der Architektin oder des Architekten ist daher unerlässlich, um nicht in die Kostenfalle zu tappen.
Besonders perfide wird es, wenn zur festen Kostenobergrenze ein unverrückbares Raumprogramm hinzukommt. In solchen Fällen bleibt kaum Spielraum, um auf unvorhersehbare Kostenentwicklungen zu reagieren. Die Verpflichtung zur kostenlosen Umplanung bis zur Einhaltung des Budgets gleicht dann einem Hamsterrad, aus dem es kein Entkommen gibt.
Strategien zur Risikominimierung
Doch wie können sich Architekten und Architektinnen vor solch riskanten Vereinbarungen schützen? Eine Möglichkeit ist, von vornherein mit ausreichend Puffer zu planen. „Meine Idee wäre zum Beispiel, frühzeitig einen Teil des Gebäudes als potenzielle Streichposition anzulegen“, rät ein erfahrener Architekt. So lassen sich bei steigenden Preisen Ausgaben an anderer Stelle einsparen.
Entscheidend ist auch, sich vertraglich ausreichend Spielraum bei Qualitäten und Raumprogramm zusichern zu lassen. Nur so können Planerinnen und Planer flexibel auf Marktveränderungen reagieren, ohne in finanzielle Schieflage zu geraten.
Die Kunst der Verhandlung
In Vertragsverhandlungen ist Fingerspitzengefühl gefragt. Architekten und Architektinnen sollten selbstbewusst ihre Expertise einbringen und die Risiken einer zu engen Beschaffenheitsvereinbarung aufzeigen. Ein offener Dialog über realistische Kostenentwicklungen und mögliche Szenarien kann beiden Seiten helfen, faire Vereinbarungen zu treffen.
Dabei gilt es, die Balance zwischen den Wünschen der Auftraggeber und Auftraggeberinnen und der eigenen wirtschaftlichen Sicherheit zu finden. „Falls die Bauherrin mithilfe einer Beschaffenheitsvereinbarung dennoch zum festen Preis eine vorher definierte Qualität und Größe wünscht, ist vielleicht der Katalog mit den Gartenhäusern doch das richtige“, bemerkt ein Architekt mit einem Augenzwinkern.
Rechtliche Absicherung als Fundament
Um auf der sicheren Seite zu stehen, empfiehlt sich die Konsultation eines Fachanwalts oder einer Fachanwältin für Baurecht. Diese können helfen, Vertragsklauseln so zu formulieren, dass sie sowohl den Interessen der Bauherren als auch dem Schutz der Architekten dienen.
Zudem sollten Planerinnen und Planer alle Kommunikation sorgfältig dokumentieren. Schriftliche Aufzeichnungen und Protokolle von Besprechungen können im Streitfall als wertvoller Nachweis dienen.
Ausblick: Zwischen Vision und Verantwortung
Die Herausforderung für Architekten und Architektinnen liegt darin, ihre kreativen Visionen mit wirtschaftlicher Verantwortung in Einklang zu bringen. Beschaffenheitsvereinbarungen werden auch in Zukunft ein wichtiger Bestandteil von Bauverträgen sein. Doch mit dem nötigen Bewusstsein für die damit verbundenen Risiken und einer klugen Vertragsgestaltung lassen sich potenzielle Fallstricke umgehen.
Letztendlich geht es darum, Projekte zu realisieren, die nicht nur ästhetisch und funktional überzeugen, sondern auch auf einem soliden vertraglichen Fundament stehen. Nur so können Architekten und Architektinnen ihrer Verantwortung gegenüber Bauherren, Bauherrinnen und der gebauten Umwelt gerecht werden – ohne dabei selbst auf der Strecke zu bleiben.