Baukunst-Wahlversprechen im Bauwesen: Was hilft den planenden Berufen wirklich?
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Wahlversprechen im Bauwesen: Was hilft den planenden Berufen wirklich?

14.02.2025
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Ignatz Wrobel

Stadtplanung, Architektur, Wohnbau: Welche Partei formt die Zukunft?

Wohnen, Klimaschutz, Stadtentwicklung: Was versprechen die Parteien der Bauwirtschaft? Eine Analyse zeigt, welche Maßnahmen Architektinnen, Ingenieuren und Stadtplanerinnen tatsächlich nützen.

  1. Die Parteien im Bau-Faktencheck

Die Bundestagswahl 2025 rückt näher, und mit ihr steigen die Erwartungen an eine neue Baupolitik. Der Wohnraummangel, steigende Baukosten und neue Anforderungen an Nachhaltigkeit fordern von allen Parteien Antworten. Doch was genau versprechen CDU, SPD, FDP, die Grünen und andere – und welche Maßnahmen helfen tatsächlich den planenden Berufen? Ein Blick auf die Programme offenbart deutliche Unterschiede.

  1. CDU/CSU: Weniger Vorschriften, mehr Verdichtung

Die CDU/CSU setzt auf die Aktivierung von Bauland durch Innenverdichtung und die Nutzung von Brachflächen Ziel ist es, Bauen günstiger zu machen – ein Baukostenmoratorium soll neue Standards verhindern, die Kosten verursachen, aber keinen „nennenswerten Mehrwert“ bringen. Zudem plant die Union, den kostengünstigen Gebäudetyp E weiter zu fördern und den EH-55-Standard für Neubauten beizubehalten

Was bedeutet das für planende Berufe? Weniger Bauvorschriften können zwar Prozesse beschleunigen, doch die starke Fokussierung auf Kostenreduktion birgt die Gefahr, dass Qualität und Baukultur leiden. Gerade Architektinnen und Ingenieure sehen hierin eine Herausforderung.

  1. SPD: Starker Staat und mehr sozialer Wohnungsbau

Die SPD verfolgt einen staatlich gelenkten Ansatz: Eine bundeseigene Wohnungsgesellschaft soll den sozialen Wohnungsbau ankurbeln.  Zudem setzt die Partei auf eine Beschleunigung von Genehmigungsverfahren und einen Bürokratieabbau, um Bauen einfacher und günstiger zu machen

Für Architektinnen, Stadtplaner und Ingenieure bedeutet dies mehr öffentliche Aufträge, aber auch eine stärkere Regulierung. Die Vergabe von Projekten könnte stärker zentralisiert werden, was für kleinere Büros Nachteile haben könnte.

  1. FDP: Liberalisierung und Deregulierung

Die FDP verfolgt eine marktfreundliche Strategie: Sie will Bürokratie abbauen, Bauauflagen auf Mindeststandardsreduzieren und schnellere Genehmigungen ermöglichen. Geht es nach den Freien Demokraten, soll die Behörde bei Fristüberschreitung automatisch eine Genehmigung erteilen.

Für planende Berufe bedeutet dies mehr unternehmerische Freiheit, aber auch mehr Wettbewerb. Die Frage bleibt, ob die Qualität von Architektur und Stadtentwicklung bei stark beschleunigten Verfahren ausreichend gewährleistet wird.

  1. Bündnis 90/Die Grünen: Nachhaltiges Bauen im Fokus

Die Grünen sehen die Bauwirtschaft als entscheidenden Hebel für den Klimaschutz. Ihr Ziel: 1,6 Millionen klimafreundliche Wohnungen bis 2030. Sie setzen auf modulares und serielles Bauen, eine stärkere Nutzung bestehender Gebäude sowie die Förderung von Gebäudeaufstockungen und Umwandlungen.

Für Architektinnen und Planerinnen ergeben sich hier interessante Chancen: Nachhaltige Baukonzepte, die Berücksichtigung des Lebenszyklus von Gebäuden und neue Anforderungen an Kreislaufwirtschaft stärken die Rolle planender Berufe.

  1. AfD: Rückbau von Standards und Privatisierung

Die AfD lehnt staatliche Regulierungen ab und fordert eine Reduzierung von Bauauflagen auf ein „notwendiges Mindestmaß“. Klimaschutzmaßnahmen im Bauwesen hält sie für überflüssig, sie will sogar bestehende Vorgaben zur Energieeffizienz abschaffen.

Für Architekten und Ingenieure bedeutet dies vor allem eines: Unsicherheit. Während einige Vorschriften für Planungsbüros tatsächlich hinderlich sein können, droht bei einem vollständigen Abbau von Standards ein Rückschritt in der Bauqualität.

  1. Die Linke: Enteignung und gemeinnütziges Bauen

Die Linke verfolgt einen radikal anderen Ansatz: Sie fordert Enteignungen großer Wohnungsunternehmen und will 20 Milliarden Euro jährlich in sozialen Wohnungsbau investieren. Zudem soll eine Leerstandsabgabe eingeführt werden, um ungenutzte Immobilien in den Wohnmarkt zu bringen.

Für die planenden Berufe bedeutet dies einerseits mehr öffentliche Bauprojekte, andererseits eine starke staatliche Einflussnahme. Die geplanten Maßnahmen sind ambitioniert, doch bleibt unklar, ob sie tatsächlich umsetzbar sind.

  1. Fazit: Zwischen Markt und Staat – welche Maßnahmen helfen wirklich?

Die Programme der Parteien zeigen, dass die Bauwirtschaft ein zentrales Wahlkampfthema ist – mit sehr unterschiedlichen Ansätzen. Während CDU und FDP auf Deregulierung und Kostensenkung setzen, favorisieren SPD und Grüne staatliche Steuerung und nachhaltige Konzepte. Die AfD plädiert für einen fast völligen Rückbau von Vorschriften, während die Linke einen starken Eingriff in den Wohnungsmarkt fordert.

Doch welche Maßnahmen helfen tatsächlich den planenden Berufen?

Positiv für Architekten, Ingenieure und Stadtplaner:

✔ Förderung von nachhaltigem Bauen (Grüne)

✔ Vereinfachung von Planungs- und Genehmigungsprozessen (SPD, FDP)

Integrierte Stadtentwicklungskonzepte (SPD, Grüne)

 

Herausforderungen für planende Berufe:

✖ Starke Fokussierung auf Kostensenkung könnte die Bauqualität gefährden (CDU, FDP)

Zentrale Steuerung öffentlicher Bauvorhaben kann kleine Büros benachteiligen (SPD, Linke)

Rückbau von Standards könnte langfristig negative Folgen für Baukultur haben (AfD)

 

Für planende Berufe wird es darauf ankommen, wie diese Wahlversprechen in der Praxis umgesetzt werden. Ob Bürokratieabbau, Nachhaltigkeit oder kostengünstiges Bauen – entscheidend bleibt, dass Architektur, Ingenieurwesen und Stadtplanung nicht nur kurzfristigen Wahlzielen untergeordnet werden, sondern langfristig einen Beitrag zur Baukultur leisten können.