Stuttgart 21: Das endlose Drama eines Jahrhundertprojekts
Stuttgart 21, das ambitionierte Verkehrs- und Städtebauprojekt, entwickelt sich immer mehr zur unendlichen Geschichte. Ursprünglich als Symbol moderner Infrastrukturplanung gedacht, steht es heute eher für Planungsfehler, massive Kostensteigerungen und andauernde Verzögerungen.
Ein Großprojekt mit großem Anspruch
1994 vorgestellt, sollte Stuttgart 21 das Verkehrsnetz der Region revolutionieren. Geplant war, den bisherigen Kopfbahnhof in einen unterirdischen Durchgangsbahnhof zu verwandeln und elf neue, überwiegend unterirdische Strecken mit einer Gesamtlänge von 57 Kilometern zu schaffen. Zusätzlich sollten vier neue Bahnhöfe entstehen, darunter ein neuer Hauptbahnhof, der als architektonisches Highlight des Projekts gelten sollte.
Verspätungen und Kostenexplosionen
Ursprünglich für 2019 geplant, verschiebt sich die Eröffnung nun erneut – auf Dezember 2026. Ein weiteres Jahr des Wartens, in dem die Kosten weiter steigen. Bereits jetzt belaufen sich die Gesamtkosten auf mindestens 12 Milliarden Euro, fast das Fünffache der ursprünglichen Schätzung. Die Ursachen für die Verzögerungen und Kostenexplosionen sind vielfältig: technische Herausforderungen, geologische Probleme und nicht zuletzt die erhöhten Anforderungen an Umwelt- und Brandschutz, die während der Bauphase mehrfach angepasst werden mussten.
Ein Symbol für Missmanagement?
Stuttgart 21 steht inzwischen als Synonym für ein Management, das den Überblick verloren hat. Die Deutsche Bahn als Bauherrin hat sich mehrfach verschätzt, sei es bei den Kosten, dem Zeitrahmen oder den technischen Herausforderungen. Besonders der geologisch anspruchsvolle Untergrund Stuttgarts hätte bereits zu Beginn des Projekts besser berücksichtigt werden müssen. Anhydrit im Boden, ein Mineral, das bei Kontakt mit Wasser aufquillt und enorme Schäden verursachen kann, stellte sich als einer der größten Kostentreiber heraus.
Die Leidtragenden: Stuttgarter Bürgerinnen und Bürger
Während das Projekt sich in die Länge zieht, müssen die Stuttgarterinnen und Stuttgarter die Konsequenzen tragen. Der Stuttgarter Hauptbahnhof gleicht einer Dauerbaustelle, die Pendler und Reisende täglich vor Herausforderungen stellt. Provisorische Übergangslösungen und lange Umwege sind an der Tagesordnung. Der geplante Stadtteil, der auf den frei werdenden Gleisflächen entstehen soll, lässt ebenfalls auf sich warten. Dabei ist die Wohnungsnot in Stuttgart ein drängendes Problem, das durch die Verzögerungen weiter verschärft wird .
Politischer Druck und rechtliche Hürden
Auch politisch wächst der Druck. Der Stuttgarter Oberbürgermeister Frank Nopper drohte bereits mit Konsequenzen, sollte es zu weiteren Verzögerungen kommen. Doch die politischen Mittel scheinen begrenzt, während rechtliche Auseinandersetzungen, wie die Klage gegen die Abnabelung der Gäubahn, das Projekt weiter belasten könnten. Sollte die Klage Erfolg haben, wäre das ein Rückschlag, der die ohnehin komplexe Situation weiter verkomplizieren würde .
Fazit: Eine ungewisse Zukunft
Stuttgart 21, einst als wegweisendes Projekt für das 21. Jahrhundert geplant, steht heute für die Herausforderungen und Risiken großer Infrastrukturprojekte. Die Fertigstellung bleibt ungewiss, die Kosten steigen weiter, und die Bürgerinnen und Bürger Stuttgarts müssen weiterhin mit den Belastungen leben. Der Weg zu einer erfolgreichen Inbetriebnahme bleibt steinig – und die Frage, ob Stuttgart 21 jemals die Erwartungen erfüllen wird, bleibt offen.