Baukunst - Norman Foster und das Manchester-Stadion – Vision oder Größenwahn?
Stadium von Manchester © Foster + Partners

Norman Foster und das Manchester-Stadion – Vision oder Größenwahn?

23.05.2025
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Berthold Bürger

Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer: Norman Foster, der unbestrittene Grandseigneur der internationalen Architektur, hat Pläne für ein neues Stadion für Manchester United vorgelegt. Doch was auf den ersten Blick spektakulär wirkt, birgt bei näherer Betrachtung Fragen und Zweifel.

Fantasie oder Realitätsferne?

Fosters Entwurf wirkt, als hätte man Tolkien und Gaudí zu einem gemeinsamen Abendessen eingeladen und sie gebeten, „etwas für Fußballfans“ zu zeichnen. Überdimensionale Bögen, futuristische Glasfassaden, organische Formen – all das zeugt von einer gewissen kühnen Vision. Aber während die Architekturwelt ehrfürchtig staunt, drängt sich zugleich die Frage auf: Ist dieses Stadion mehr als nur ein visuelles Spektakel?

Architektur zwischen Kunst und Kommerz

Manchester United benötigt dringend ein neues Stadion. Das traditionsreiche Old Trafford ist in die Jahre gekommen, seine Infrastruktur hinkt den Ansprüchen moderner Großveranstaltungen hinterher. Foster kennt die Herausforderungen eines solchen Projekts. Dennoch wirkt sein Konzept mehr wie ein architektonisches Statement denn als realistische Antwort auf die Bedürfnisse eines Fußballclubs.

Natürlich fasziniert die Vorstellung, ein solches ikonisches Bauwerk könnte Manchester neben sportlichem Ruhm auch architektonische Anerkennung verschaffen. Doch die Balance zwischen Ästhetik und Funktion scheint fragil, vielleicht sogar gefährlich dünn. Fußballstadien müssen Emotionen tragen, robust sein, Menschenströme effizient lenken – Kriterien, die Foster zwar kennt, die hier jedoch scheinbar hinter gestalterischer Extravaganz zurückstehen.

Nachhaltigkeit – Schönheitsfleck oder Lippenbekenntnis?

Nachhaltigkeit darf heutzutage in keinem Architektenstatement fehlen. Foster betont daher auch ökologische Aspekte seiner Fantasiearena. Doch angesichts der massiven Dimensionen und des komplexen Designs erscheint dies beinahe paradox. Ist nachhaltige Architektur mit solch einem opulenten Ausdruck überhaupt vereinbar? Oder ist es nur ein weiterer grüner Anstrich für ein Projekt, das vor allem eines sein will: spektakulär?

Kontextuelle Integration – Chance oder vertane Gelegenheit?

Jedes Bauwerk, insbesondere ein Stadion, verändert seinen Standort nachhaltig. Manchester, geprägt von industrieller Geschichte und moderner Urbanität, bietet einen Kontext, der sich mit subtiler Architektur vertragen könnte. Foster jedoch setzt auf Drama. Wäre ein weniger opulenter, dafür sensiblerer Umgang mit der Umgebung nicht zielführender gewesen?

Visionär oder Provokateur?

Foster provoziert bewusst mit seinem Entwurf. Das ist gut so, denn Architektur braucht Impulse und Diskussionen. Doch wenn Provokation zum Selbstzweck wird, droht die Architektur, ihren eigentlichen Auftrag zu vergessen: Räume für Menschen zu schaffen, die dauerhaft funktionieren und nicht nur kurzfristig begeistern.