Die Technische Universität München (TUM) hat eine umfassende Studie zur Nutzung oberflächennaher Geothermie in Bayern vorgelegt. Die Ergebnisse zeigen beachtliche Potenziale, aber auch Herausforderungen für die breite Anwendung dieser nachhaltigen Energieform im Freistaat.
Drei Systeme im Fokus
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchten drei gängige geothermische Systeme: Grundwasserwärmepumpen, Erdwärmesonden und Erdwärmekollektoren. Jede Technologie hat spezifische Vor- und Nachteile, die je nach lokalen Gegebenheiten zum Tragen kommen.
Grundwasserwärmepumpen nutzen die konstante Temperatur des oberflächennahen Grundwassers. Sie erreichen hohe Effizienz, sind aber auf geeignete hydrogeologische Bedingungen angewiesen. Erdwärmesonden bohren tiefer in den Untergrund und können fast überall eingesetzt werden. Ihre Leistung hängt jedoch stark von der Bodenbeschaffenheit und genehmigten Bohrtiefe ab. Erdwärmekollektoren werden horizontal in geringer Tiefe verlegt und sind weniger leistungsfähig, dafür aber einfach zu installieren.
Potenziale und Einschränkungen
Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass oberflächennahe Geothermie einen signifikanten Beitrag zur Wärmeversorgung in Bayern leisten kann. Im aktuellen Gebäudebestand könnten etwa 10% der Energiebezugsfläche bzw. 4,5% des Wärmebedarfs durch geothermische Systeme gedeckt werden.
Dieses Potenzial steigt erheblich, wenn der Gebäudebestand energetisch saniert wird. Bei maximaler Sanierung wären sogar 71,4% der Energiebezugsfläche bzw. 61,9% des Wärmebedarfs durch Geothermie versorgbar. Die Studie unterstreicht damit die Bedeutung energetischer Sanierungen für die Wärmewende.
Regionale Unterschiede
Die Potenziale verteilen sich ungleichmäßig über Bayern. Grundwasserwärmepumpen eignen sich besonders im Süden des Freistaats, wo ausgedehnte Grundwasserleiter vorhanden sind. Insgesamt sind aber nur etwa 16% der Landesfläche für diese Technologie geeignet.
Erdwärmesonden haben ein breiteres Einsatzgebiet, stoßen aber oft an Grenzen durch Bohrtiefenbeschränkungen. Auf 31% der Fläche Bayerns ist das Bohren grundsätzlich nicht erlaubt, auf weiteren 15% nur bis maximal 30 Meter Tiefe. Optimale Bedingungen mit Bohrtiefen über 100 Meter finden sich nur auf 20% der Landesfläche.
Erdwärmekollektoren zeigen das größte Flächenpotenzial, da sie fast überall installiert werden können. Ihre Anwendung wird jedoch durch den hohen Flächenbedarf eingeschränkt, besonders in dicht bebauten Gebieten.
Herausforderungen und Lösungsansätze
Eine zentrale Herausforderung ist die energetische Sanierung des Gebäudebestands. Erst durch eine deutliche Reduktion des Wärmebedarfs wird das volle Potenzial der Geothermie erschlossen. Architekten und Planerinnen sind gefordert, Sanierungskonzepte zu entwickeln, die Energieeffizienz und geothermische Nutzung optimal verbinden.
In urbanen Räumen bieten sich Quartierslösungen an. Kalte Nahwärmenetze, die mehrere geothermische Quellen nutzen, können die begrenzte Verfügbarkeit von Flächen für Einzelanlagen ausgleichen. Hier sind innovative Planungsansätze gefragt, die öffentliche und private Flächen intelligent einbeziehen.
Die Studie weist auch auf das Potenzial der Geothermie für Kühlzwecke hin. Angesichts steigender Temperaturen in Städten gewinnt dieser Aspekt an Bedeutung. Gebäudekonzepte, die Heizung und Kühlung mittels Geothermie kombinieren, können die Effizienz und Wirtschaftlichkeit der Anlagen steigern.
Ausblick und Empfehlungen
Die TUM-Studie zeigt, dass oberflächennahe Geothermie eine wichtige Rolle in Bayerns Wärmewende spielen kann. Um dieses Potenzial zu heben, sind jedoch konzertierte Anstrengungen nötig. Energetische Sanierungen müssen vorangetrieben und mit dem Ausbau geothermischer Systeme koordiniert werden.
Für Architektinnen und Planer ergeben sich neue Herausforderungen und Chancen. Die Integration geothermischer Systeme erfordert ein tiefes Verständnis der lokalen geologischen Bedingungen und regulatorischen Rahmenbedingungen. Gleichzeitig eröffnen sich Möglichkeiten für innovative Gebäude- und Quartierskonzepte, die Nachhaltigkeit und Energieeffizienz auf neue Weise verbinden.
Die Ergebnisse der Studie unterstreichen die Notwendigkeit eines ganzheitlichen Ansatzes in der Gebäudeplanung. Geothermie ist kein Allheilmittel, sondern ein wichtiger Baustein in einem Mix aus erneuerbaren Energien und Effizienzmaßnahmen. Ihre erfolgreiche Integration erfordert eine enge Zusammenarbeit von Architekten, Ingenieurinnen, Geologen und Energieplanern – von der ersten Entwurfsidee bis zur Umsetzung.