Von der Tiefkühltruhe zur Kunstgalerie
Die Geschichte klingt zunächst wie ein architektonischer Scherz: Ein ehemaliger Aldi-Supermarkt soll zum führenden Museum für Papierkunst in Skandinavien werden. Doch was auf den ersten Blick absurd erscheint, entwickelt sich unter der Regie des renommierten Architekturbüros Bjarke Ingels Group (BIG) zu einem der faszinierendsten Transformationsprojekte Dänemarks.
Origami trifft auf Einzelhandelsarchitektur
Das bestehende 900-Quadratmeter-Gebäude wird durch eine spektakuläre Dachkonstruktion veredelt, die wie ein überdimensionales gefaltetes Papierblatt über dem ehemaligen Discounter schwebt. Diese architektonische Gesteverbindet Alt und Neu in einer überraschend harmonischen Synthese. Die Erweiterung auf 2.300 Quadratmeter schafft Raum für Ausstellungsflächen, Werkstätten und Veranstaltungsräume.
Kulturelles Erbe in neuem Gewand
Die Papierkunst ist tief in der dänischen Kultur verwurzelt. Von den gefalteten Lampenschirmen des Designklassikers Le Klint bis zu den filigranen Scherenschnitten von H.C. Andersen – das Material Papier prägt das skandinavische Kunsthandwerk seit Generationen. Die Gründerin Bit Vejle hat 2018 mit dem Museum einen Ort geschaffen, der diese Tradition bewahrt und neu interpretiert.
Nachhaltige Metamorphose
Die Transformation geht weit über kosmetische Änderungen hinaus. Das Projekt strebt eine DGNB-Gold- oder Platinzertifizierung an. Die Außenwände werden mit akustisch wirksamen Paneelen versehen, die von der Origami-Kunst inspiriert sind. Im Innenraum schaffen Holzverkleidungen eine Verbindung zum Rohstoff Papier. Ein System von Außenwegen, gesäumt von heimischer Flora, lädt zum Erkunden ein.
Innovation durch Reduktion
Der Clou des Entwurfs liegt in seiner Einfachheit. BIG-Partner David Zahle beschreibt das Konzept als „ein einzelnes Blatt Papier, das sich über den Bestand legt“. Bjarke Ingels ergänzt: „Durch die Behandlung der Dachfläche als gefaltetes Papier werden bestehende und neue Funktionen in einer einzigen vereinenden Geste zusammengeführt.“ Diese Reduktion auf das Wesentliche erzeugt eine starke architektonische Aussage.
Zukunftsweisende Perspektiven
Das Projekt zeigt exemplarisch, wie sich obsolete Einzelhandelsimmobilien kreativ umnutzen lassen. In Zeiten des zunehmenden Online-Handels und leerstehender Geschäftsflächen weist diese Transformation einen innovativen Weg in die Zukunft. Die erwartete Verdoppelung der Besucherzahlen unterstreicht das Potenzial solcher Konversionen.
Die Metamorphose des ehemaligen Supermarkts symbolisiert einen größeren Wandel: von der Konsumgesellschaft zur Kulturgesellschaft, vom schnellen Einkauf zum contemplativen Kunsterlebnis. Was als simpler Zweckbau begann, wird zum architektonischen Manifest für die Kraft der Transformation – gefaltet wie ein Blatt Papier, aber von bleibender Bedeutung für die kulturelle Landschaft Dänemarks.