
Vielfalt bauen zwischen Elbe und Nord-Ostsee-Kanal
Wie Hamburg und Schleswig-Holstein den Tag der Architektur 2025 regional prägen
Das maritime Klima, die Nähe zu zwei Meeren und eine Jahrhunderte alte Handelskultur – diese geografischen und kulturellen Besonderheiten zwischen Elbe und Nord-Ostsee-Kanal prägen nicht nur das Leben im Norden, sondern spiegeln sich auch in der regionalen Architektur wider. Der Tag der Architektur und Ingenieurbaukunst 2025 am 28. und 29. Juni macht diese norddeutsche Baukultur mit dem Motto „Vielfalt bauen“ in Hamburg und Schleswig-Holstein auf besondere Weise erlebbar.
Zwei Kammern, ein gemeinsames Verständnis
Die Architekten- und Ingenieurkammer Schleswig-Holstein (AIK SH) entstand 1964 zunächst als Architektenkammer und ist seit 1981 die erste und einzige gemeinsame Kammer für Architekten und Ingenieure in der Bundesrepublik. Diese strukturelle Besonderheit spiegelt sich auch in der regionalen Herangehensweise an den Tag der Architektur wider: 24 Projekte und 2 Planungsbüros öffnen in Schleswig-Holstein ihre Türen, während Hamburg mit einem eigenständigen, aber koordinierten Programm aufwartet.
Die Hamburgische Architektenkammer setzt 2025 bewusst neue Akzente: Erstmals präsentiert die Rubrik „Die Stadt plant (mit) – Projekte auf Seiten der öffentlichen Hand“ fünf spannende Vorhaben. Diese Initiative zeigt, wie öffentliche Bauherrinnen und Bauherren selbst als Planende auftreten – ein Aspekt, der gerade in einer Metropole wie Hamburg mit ihren komplexen Infrastrukturaufgaben besondere Relevanz gewinnt.
Regionale Planungskultur zwischen Tradition und Innovation
Die geografischen Gegebenheiten zwischen Nord- und Ostsee fordern von Planern und Planerinnen spezifische Lösungsansätze. Während Hamburg als Hafenmetropole vor allem mit verdichteten urbanen Strukturen und der Transformation ehemaliger Industrieareale beschäftigt ist, stehen die schleswig-holsteinischen Architektinnen und Architekten vor anderen Herausforderungen: Küstenschutz, ländliche Strukturen und die Integration erneuerbarer Energien prägen hier die Planungskultur.
Ein Blick auf die Projektauswahl 2025 verdeutlicht diese Unterschiede: In Schleswig-Holstein reicht das Spektrum vom umgenutzten Stallgebäude über Begegnungsstätten und Kindertagesstätten bis hin zu privaten Wohnhäusern und Ingenieurbauleistungen. Besonders bemerkenswert ist die Einbeziehung der Fachhochschule Kiel, deren Institut für Bauwesen erneut ihre Modellbauwerkstatt öffnet – ein deutliches Signal für die enge Verzahnung von Lehre und Praxis im nördlichsten Bundesland.
Nachwuchsförderung als regionale Strategie
Beide Kammern setzen verstärkt auf die Förderung junger Planungstalente, entwickeln dabei aber unterschiedliche Ansätze. Hamburg führt zum zweiten Mal die Rubrik „PERSPEKTIVEN – Positionen junger Büros und Kollektive“ durch und unterstreicht damit den Anspruch, als Metropole Raum für experimentelle Ansätze zu bieten.
In Schleswig-Holstein hingegen öffnen 11 Planungsbüros ihre Türen und laden ein, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen. Diese Form der Transparenz entspricht der norddeutschen Tradition direkter Kommunikation und schafft niedrigschwellige Zugänge zur Planungskultur.
Besonders bemerkenswert ist das Hamburger Format „PROJEKTOR – Der Tag der Architektur und Ingenieurbaukunst für junge Leute“, das bereits zum vierten Mal ausgerichtet wird. Architektur- und Ingenieurbüros entwickeln eigens für Kinder und Jugendliche Aktionen, um ihnen Einblicke in die Planungspraxis zu geben.
Klimaanpassung als norddeutsche Herausforderung
Das diesjährige Motto „Vielfalt bauen“ gewinnt zwischen Elbe und Nord-Ostsee-Kanal eine besondere klimatische Dimension. „Welche Rolle spielt die gebaute Umwelt für individuelles Wohlbefinden, gesellschaftlichen Zusammenhalt und Klima- und Ressourcenschutz?“ – diese Frage stellt sich in einer Region, die sowohl von steigenden Meeresspiegeln als auch von zunehmenden Extremwetterereignissen betroffen ist.
Die Projektauswahl 2025 zeigt, wie norddeutsche Planungsbüros auf diese Herausforderungen reagieren: Dem Umbau und der Weiterentwicklung des Vorhandenen fällt vor diesem Hintergrund besondere Bedeutung zu. Diese Aussage ist programmatisch für eine Region, die bereits heute mit knappen Baulandressourcen und historisch wertvollen Bausubstanzen umgehen muss.
Regionale Netzwerke und überregionale Ausstrahlung
Die enge Kooperation zwischen den norddeutschen Kammern zeigt sich auch in der gemeinsamen Öffentlichkeitsarbeit. Die Broschüre zum Aktionswochenende kann kostenfrei in der Geschäftsstelle der Architekten- und Ingenieurkammer unter 0431 570 65-12 bestellt werden, während Hamburg über http://www.tda-hamburg.de ab Ende Mai 2025 Informationen und Anmeldungen bereitstellt.
Diese dezentrale Organisation entspricht der föderalen Struktur der Kammerlandschaft, zeigt aber auch, wie regionale Eigenständigkeit und überregionale Koordination produktiv zusammenwirken können. Beide Länder profitieren von der Nähe zur Metropolregion Hamburg, entwickeln dabei aber unterschiedliche Profile: Hamburg als urbanes Labor für Verdichtung und Stadtentwicklung, Schleswig-Holstein als Experimentierfeld für ländliche Transformationsprozesse.
Herausforderungen der regionalen Baukultur
Die norddeutsche Planungslandschaft steht vor spezifischen Herausforderungen, die sich am Tag der Architektur 2025 deutlich ablesen lassen. Der demografische Wandel trifft ländliche Gebiete Schleswig-Holsteins anders als die wachsende Metropole Hamburg. Während in der Hansestadt Wohnraummangel und Verdichtungsdruck dominieren, müssen schleswig-holsteinische Kommunen oft mit schrumpfenden Ortskernen und leerstehenden Bauten umgehen.
„Es braucht planerische Qualität, Kompetenz und den Gestaltungswillen aller Beteiligten, um nachhaltige Ergebnisse zu erzielen“, betont die Architekten- und Ingenieurkammer Schleswig-Holstein. Diese Aussage verweist auf einen zentralen Aspekt norddeutscher Planungskultur: die partizipative Tradition, die sich aus der historischen Selbstverwaltung der Hansestädte und der genossenschaftlichen Landwirtschaft ableitet.
Ausblick: Regionale Baukultur als Modell
Der Tag der Architektur 2025 zwischen Elbe und Nord-Ostsee-Kanal zeigt exemplarisch, wie regionale Besonderheiten zur Grundlage innovativer Planungsansätze werden können. Die Verbindung aus maritimem Klima, hanseatischer Tradition und technologischer Innovation schafft Rahmenbedingungen für eine Baukultur, die über die Region hinaus Modellcharakter entwickeln könnte.
„Bauen ist niemals nur privat, sondern immer auch öffentlich!“ – dieser Leitsatz der schleswig-holsteinischen Kammer bringt eine Haltung zum Ausdruck, die in Zeiten knapper Ressourcen und klimatischer Herausforderungen an Bedeutung gewinnt. Die norddeutsche Planungskultur zeigt am 28. und 29. Juni 2025, wie regionale Identität und globale Verantwortung produktiv miteinander verbunden werden können.
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