Baukunst-Sanieren oder kassieren? Die ungleiche Zukunft des Wohnens in Österreich
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Sanieren oder kassieren? Die ungleiche Zukunft des Wohnens in Österreich

26.02.2025
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Ignatz Wrobel

Zerreißprobe Mietrecht: Warum sich Österreichs Parteien nicht einig werden

Ein geleaktes Verhandlungspapier offenbart tiefe Gräben zwischen ÖVP, SPÖ und Neos

Kaum ein Thema erhitzt die Gemüter in Österreichs Wohnpolitik so sehr wie das Mietrecht. Während sich Mieterinnen und Mieter über steigende Kosten beschweren, argumentieren Immobilienbesitzerinnen und -besitzer mit bürokratischen Hürden und einer ausufernden Regulierung. Nun bringt ein geleaktes Dokument aus den Dreierverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und Neos Licht ins Dunkel – und offenbart fundamentale Differenzen zwischen den Parteien.

Regulierung vs. Marktöffnung: Zwei unvereinbare Prinzipien

Die grundsätzlichen Positionen der Verhandlungspartnerinnen und -partner könnten kaum unterschiedlicher sein. Während SPÖ und Neos verstärkte Mietpreisbremsen fordern, setzt die ÖVP auf marktwirtschaftliche Mechanismen. Der Knackpunkt liegt dabei vor allem in der Frage: Soll das bestehende Richtwertsystem weiter bestehen oder zugunsten einer flexibleren Mietpreisgestaltung reformiert werden?

Ein zentraler Streitpunkt war der Lagezuschlag. Hier plädierte die SPÖ für eine radikale Lösung: Entweder komplette Abschaffung oder eine pauschale Deckelung. Die Neos hingegen forderten ein transparenteres Berechnungssystem mit einer öffentlich zugänglichen Datenbank, während die ÖVP eine sanftere Reform anstrebte.

Einig war man sich zumindest in einem Punkt: Das Lagezuschlagssystem müsse zumindest evaluiert werden. Ob daraus eine tatsächliche Reform folgt, bleibt abzuwarten.

Mietendeckel und Wertsicherung: Kampf um stabile Mieten

Neben den Lagezuschlägen sorgte auch die Wertsicherung von Mietpreisen für Diskussionen. Während die ÖVP den Status quo – eine Indexierung nach dem Verbraucherpreisindex (VPI) – beibehalten wollte, schlugen die Neos eine Anpassung erst ab einer Inflation von drei Prozent vor. Die SPÖ wiederum forderte einen kompletten Mietpreisstopp bis 2027, gefolgt von einem Deckel von zwei Prozent jährlich.

Einigkeit bestand immerhin darin, dass Mietanpassungen künftig nur einmal pro Jahr erfolgen sollten – ein Schritt, der zumindest für etwas Planbarkeit sorgen könnte.

Sanierungsanreize und Dekarbonisierung – die vernachlässigten Themen?

Abseits der Mietpreisdiskussionen rückte auch das Thema Sanierung und Dekarbonisierung in den Fokus. Hier setzten ÖVP und Neos auf steuerliche Anreize für Vermieterinnen und Vermieter, während die SPÖ eine Förderpflicht für energetische Sanierungen vorsah. Besonders umstritten war der Vorschlag, dass Nachkriegsbauten nur noch dann aus dem Richtwertsystem herausfallen sollen, wenn sie bestimmte energetische Standards erfüllen.

Zwar gab es allgemeine Bekenntnisse zu umweltfreundlichem Bauen und Dekarbonisierung, doch konkrete Einigungen blieben aus. Die Umsetzung dieser Maßnahmen dürfte daher auch in Zukunft ein Zankapfel bleiben.

Wohnbauförderung und Eigentum: Der nächste Konfliktherd

Auch bei der Wohnbauförderung zeigte sich ein erwartbares Muster: Während SPÖ und Neos für eine dauerhafte jährliche Wohnbaumilliarde plädierten, lehnten ÖVP und Neos dies ab. Die Zweckbindung der Wohnbaufördermittel wurde zwar von allen Seiten begrüßt, doch ob diese auch für Rückflüsse gelten soll, blieb strittig.

Ähnlich verhielt es sich bei der Kaufoption für Gemeindewohnungen. Die SPÖ forderte eine Rückkehr zu einer zehnjährigen Mindestfrist (statt der aktuell fünf Jahre), während ÖVP und Neos dies ablehnten.

Was bedeutet das für Mieterinnen und Mieter?

Die Verhandlungen haben eines gezeigt: Eine rasche Einigung im Mietrecht ist nicht in Sicht. Vielmehr dürfte es erneut zu langwierigen Verhandlungsrunden kommen, in denen jede Partei an ihren Maximalforderungen festhält. Währenddessen bleibt für Mieterinnen und Mieter vieles unklar: Werden Mietpreise bald gedeckelt? Fallen bestimmte Gebäude aus der Regulierung? Welche Sanierungspflichten kommen auf Eigentümerinnen und Eigentümer zu?

Fakt ist: Der politische Zankapfel Mietrecht bleibt auch 2025 hochbrisant.