Baukunst 30 Millionen Grab
©Cukrowicz Nachbaur Architekten ZT GmbH

30 Millionen Grab – Der „Schnewittchensarg“ wird beerdigt

13.06.2024
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stu.ART

Alles auf Anfang: Münchens Konzerthaus erfindet sich neu

Nachdem der ambitionierte Siegerentwurf von Cukrowicz-Nachbaur für das Münchner Konzerthaus im Werksviertel in die Tonne getreten wurde, haben Ministerpräsident Markus Söder und Kunstminister Markus Blume die Karten neu gemischt. Das Resultat der „Denkpause“? Ein radikal verschlanktes und pragmatisches Projekt, das trotz allem als kulturelles Leuchtfeuer für Bayern dienen soll – und dabei nur halb so viel kostet.

Ein Rückblick: Vom „Schneewittchensarg“ zum nachhaltigen Neubau

Der ursprüngliche Entwurf von Cukrowicz-Nachbaur, eine gläserne Kathedrale, hatte sich 2017 gegen internationale Stararchitekten durchgesetzt. Doch als „Schneewittchensarg“ verspottet und angesichts explodierender Kosten auf 1,3 Milliarden Euro geschätzt, musste dieser visionäre Entwurf dem Rotstift weichen. Söder und Blume setzen nun auf eine Neuplanung, die „Klima und Kultur“ zusammenbringt und dabei die Hälfte der ursprünglichen Kosten beansprucht. Die neue Vision: ein ökologisch positiver Bau, inspiriert von den „hängenden Gärten des Werksviertels“.

Redimensionierung: Was bleibt und was geht

„100 Prozent Erlebnis bei 50 Prozent Baukosten“ lautet die Devise. Der große Konzertsaal für 1.900 Personen bleibt das Herzstück. Gestrichen werden hingegen der kleine Saal, einige Büro- und Lagerflächen sowie eine Tiefgarage. Ein multifunktionaler Raum für bis zu 200 Personen soll kleinere Veranstaltungen ermöglichen. Alles soll schneller und effizienter umgesetzt werden – durch eine Projektgesellschaft und ein striktes „design to budget“-Prinzip, das sicherstellt, dass die Kosten nicht aus dem Ruder laufen.

Reaktionen: Optimismus trifft Skepsis

Die bayerische Kulturszene reagiert verhalten optimistisch. Sir Simon Rattle, Chefdirigent des BR-Symphonieorchesters, lobt die Realisierung des lange geplanten Projekts, mahnt aber zur Eile: „Presto, nicht Andante.“ BR-Intendantin Katja Wildermuth begrüßt den pragmatischen und nachhaltigen Ansatz. Kritische Stimmen gibt es jedoch auch: Die Opposition im Landtag bemängelt die lange „Denkpause“ und die Verschwendung der bisherigen Planungskosten von rund 30 Millionen Euro.

Zukunftsmusik: Ein neues Kapitel beginnt

Mit einem neuen architektonischen Konzept, das Nachhaltigkeit und wirtschaftliche Vernunft vereint, will die bayerische Staatsregierung das Münchner Konzerthaus zu einem zukunftsweisenden Ort der Begegnung und Hochkultur machen. Doch die wahre Herausforderung liegt nicht nur in der Planung und Umsetzung, sondern auch darin, das Vertrauen der Öffentlichkeit und der Kulturschaffenden zurückzugewinnen. Ob das Versprechen „100 Prozent Erlebnis“ eingelöst wird, bleibt abzuwarten – aber eines ist sicher: Nicht nur die Augen der Architekturgemeinde sind gespannt auf den nächsten Akt in diesem langwierigen Drama. mehr…