
Eine Verordnung zur „Schönheit“ – Anmaßungen eines US-Präsidenten
Donald Trump setzt seine architektonische Agenda fort: Mit einem erneuten Dekret zur „Schönheit“ öffentlicher Bauten bringt er seine umstrittene Politik aus seiner ersten Amtszeit zurück. Das Verbot moderner Stilrichtungen wie Brutalismus und Dekonstruktivismus zugunsten klassischer Architektur sorgt für heftige Kontroversen und wirft grundlegende Fragen zur politischen Einflussnahme auf Stadtbilder auf.
Architektur als politische Bühne
Trump, bekannt für seine Vorliebe für goldene Opulenz und neoklassizistische Prunkbauten, erhebt Architektur zur Staatsdoktrin. Bereits 2020 unterzeichnete er das Dekret „Promoting Beautiful Federal Civic Architecture“, das von Joe Biden 2021 rückgängig gemacht wurde. Nun folgt der zweite Anlauf – mit noch schärferen Vorgaben und einer klaren Abwertung moderner Architektur.
Sein Ansatz ist nicht neu. Schon in früheren autoritären Systemen spielte Architektur eine entscheidende Rolle: Sie sollte Macht, Kontrolle und Ideologie manifestieren. Doch während klassische Architektur eine lange Tradition besitzt, zeigt sich eine demokratische Gesellschaft durch architektonische Vielfalt, Offenheit und die Möglichkeit zur gestalterischen Weiterentwicklung.
Klassizismus als Norm?
Die Verordnung fordert, dass alle neuen Regierungsbauten „traditionell“ gestaltet werden müssen. Moderne Architektur, insbesondere brutalistische oder dekonstruktivistische Konzepte, sollen nicht mehr verwendet werden. Doch wer entscheidet, was schön ist?
Hier zeigt sich ein Kernproblem der Verordnung: Die Definitionshoheit über „Schönheit“ liegt in den Händen der Regierung und nicht bei den Architektinnen und Architekten oder den Bürgerinnen und Bürgern, die mit diesen Gebäuden leben müssen. Zudem geht die Verordnung davon aus, dass klassische Architektur per se ansprechender sei, eine Sichtweise, die weder historisch noch gesellschaftlich unumstritten ist.
Kritische Stimmen und historische Parallelen
Nicht nur Architekturverbände wie das American Institute of Architects (AIA) äußerten bereits Widerstand. Sie sehen in dem Erlass eine unzulässige Einmischung in gestalterische Freiheit und einen politischen Missbrauch von Baukunst. Viele Experten und Expertinnen betonen, dass Architektur nicht nur repräsentativ sein, sondern auch funktional, nachhaltig und zeitgemäß sein muss. Ein starres Festhalten an vergangenen Stilen könnte dazu führen, dass Regierungsgebäude zwar ästhetisch uniform wirken, aber wenig Innovationspotenzial bieten.
Gesellschaftliche Konsequenzen
Die größten Auswirkungen dieser Verordnung zeigen sich im gesellschaftlichen Kontext. Architektur spiegelt die Vielfalt einer Gesellschaft wider, sie steht für Fortschritt und Wandel. Eine staatliche Vorgabe für einen bestimmten Stil schneidet diesen Wandel ab und konserviert ein spezifisches Bild einer vermeintlich glorreichen Vergangenheit.
Darüber hinaus beeinflusst eine solche Vorschrift die Ausbildung künftiger Architektinnen und Architekten: Kreative Ansätze könnten eingeschränkt und Innovationen behindert werden. Zudem besteht die Gefahr, dass diese Architekturpolitik als Teil einer größeren ideologischen Strömung gesehen wird, die auf eine nostalgische, selektive Erinnerung an „goldene Zeiten“ setzt, während sie die Vielfalt und Dynamik moderner Gesellschaften ignoriert.
Architektur zwischen Politik und Gesellschaft
Die Debatte geht über ästhetische Vorlieben hinaus. Architektur reflektiert Gesellschaftsstrukturen und Werte. Statt starre Vorgaben zu machen, sollte eine pluralistische Baukultur gefördert werden. Trumps Erlass ist daher mehr als ein architektonischer Streit – es ist ein politisches Statement mit weitreichenden gesellschaftlichen Konsequenzen.

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