Nach intensiven Diskussionen wurde kürzlich das Heizungsgesetz verabschiedet, das darauf abzielt, den CO2-Ausstoß im Gebäudesektor zu verringern. Doch wie gehen unsere europäischen Nachbarn mit dieser Thematik um? Ergreifen deren Regierungen regulierende Maßnahmen? Eine Übersicht.
Der Bundestag hat kürzlich das Gebäudeenergiegesetz (GEG), gelegentlich auch als Heizungsgesetz bezeichnet, verabschiedet. Ende September steht noch die Zustimmung des Bundesrates aus. Im Kern sieht das Gesetz vor, dass zukünftig jede neu installierte Heizung zu mindestens 65 Prozent auf erneuerbaren Energien basieren soll. Es soll Anfang 2024 in Kraft treten, vorerst jedoch ausschließlich für Neubaugebiete gelten.
Für Bestandsgebäude wird eine kommunale Wärmeplanung zum zentralen Ankerpunkt. Auf Basis dieser Planung treffen Eigentümer ihre Entscheidungen. Großstädte sollen ab Mitte 2026, alle anderen Kommunen ab Mitte 2028 über eine Wärmeplanung verfügen. Besteht Bedarf für schärfere Heizvorgaben auf EU-Ebene? Wie vollzieht sich die Energiewende in unseren europäischen Nachbarländern? Welche vergleichbaren Vorgaben gibt es im europäischen Ausland?
Laut einer Analyse der EU-Statistikbehörde Eurostat aus dem Jahr 2020 entfallen 63 Prozent des Energieverbrauchs in den privaten Haushalten der 28 EU-Länder auf die Raumheizung. Weitere 15 Prozent entfallen auf die Erzeugung von Warmwasser. EU-Haushalte verwenden somit beinahe vier Fünftel ihres Gesamtenergiebedarfs für die Wärmeerzeugung. Die Energiepolitik besitzt hier also einen erheblichen Einfluss auf die Vermeidung klimaschädlicher Emissionen.
Die EU und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) streben möglicherweise bald verschärfte Heizrichtlinien für die Europäische Union an. Eine Überarbeitung der „Ökodesign-Richtlinie“ sieht vor, dass bei der Neuinstallation effizientere Heizungen gefordert werden sollen. Nach diesen Plänen soll ein Wirkungsgrad von 115 Prozent für Heizungen spätestens ab 2029 der Mindeststandard werden. Die Verbrennung fossiler Energieträger kann niemals einen Wirkungsgrad von mehr als 100 Prozent erreichen. Dieser kann erhöht werden, etwa durch die Kombination einer Gasheizung mit Solarthermie.
Strombetriebene Wärmepumpen weisen den höchsten Wirkungsgrad auf, zwischen 250 und 500 Prozent. Bereits 2022 verzeichnete die Wärmepumpen-Branche ein sehr erfolgreiches Jahr. Gemäß Angaben der European Heat Pump Association (EHPA) wurden im vergangenen Jahr so viele Wärmepumpen verkauft wie nie zuvor. In Italien wurden die zweitmeisten Wärmepumpen im Jahr 2022 abgesetzt, insgesamt 513.535 Einheiten laut EHPA. Die italienische Regierung setzt nicht auf Verbote, sondern auf Anreize. Bis 2022 war eine energetische Sanierung für italienische Staatsbürger praktisch kostenfrei. Mit dem „Superbonus 110 Prozent“ der Mitte-Links-Regierung um Giuseppe Conte aus dem Jahr 2020 konnten Hausbesitzer die Installation finanzieren. Die Steuergutschrift von 110 Prozent wurde an den ausführenden Handwerker weitergegeben, der sie einlösen konnte.
Die national-konservative Ministerpräsidentin Giorgia Meloni senkte den Fördersatz auf 90 Prozent, was zu einem starken Rückgang der Nachfrage führte. Wer auf jegliche Förderung verzichtet, kann auch zukünftig eine reine Gasheizung in sein Haus einbauen. Der Gasanteil beim Heizen liegt nach Angaben des Fraunhofer-Instituts noch immer bei rund 60 Prozent.
Vor knapp einem Monat, am 18. Juni, verabschiedete die Schweiz per Volksabstimmung ein neues Klimaschutzgesetz. Dieses zielt unter anderem darauf ab, umweltfreundliche Heizungen zu fördern. Fast 60 Prozent aller schweizerischen Wohnungen und Häuser werden noch mit fossiler Energie beheizt. Der Anteil der Wärmepumpen beträgt mittlerweile jedoch 17 Prozent und ist damit viermal höher als vor zwanzig Jahren. Mehr als zehn Prozent der Wohngebäude werden mit Holz beheizt.
Das neue Klimaschutzgesetz der Schweiz setzt also auf Subventionen, um den Verbrauch von Öl und Gas schrittweise zu senken. Einige Kantone sind bereits einen Schritt weiter und haben den Einbau neuer Öl- und Gasheizungen untersagt, so zum Beispiel Zürich, Basel und der Mini-Kanton Glarus: Auf Initiative eines 19-Jährigen hat die Landsgemeinde dort bereits vor zwei Jahren direktdemokratisch ein Verbot von neuen Öl- und Gasheizungen beschlossen – seit dem vergangenen Januar ist das Verbot in Kraft.
Der Gebäudesektor in Österreich ist für gut zehn Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Das soll sich natürlich auch hier ändern. Bisher sind die wichtigsten Heizungsarten Erdgas, Biomasse und Fernwärme, jeweils mit etwa 20 bis 25 Prozent Anteil. Etwa 15 Prozent der Gebäude werden noch mit Öl beheizt.
Die Regierung hat das Ziel, bis 2040 ein klimaneutrales Energiesystem zu erreichen, wozu auch die Heizungen zählen. Der Zeitplan ist auf dem Papier ambitionierter als in Deutschland. Theoretisch dürften schon in diesem Jahr keine Gasheizungen mehr in Neubauten installiert werden. Kaputte Öl- und Kohleheizungen müssten jetzt schon durch erneuerbare Heizsysteme ersetzt werden.
Die Regeln, auf die sich die Regierung geeinigt hat, sind jedoch noch nicht in Kraft, da das Gesetz eine Zweidrittelmehrheit im Parlament benötigt. Die Regierungsparteien verfügen nicht über die nötige Anzahl an Stimmen. Die oppositionellen Sozialdemokraten haben beschlossen, grundsätzlich kein Regierungsvorhaben mehr zu unterstützen, weshalb das Gesetz derzeit auf Eis liegt. Die rechts-außen Partei FPÖ ist ohnehin nicht dafür zu haben. Ob vor den anstehenden Parlamentswahlen im kommenden Jahr noch Bewegung in die Sache kommt, ist derzeit unklar.
In Frankreich nutzen die meisten Haushalte elektrische Radiatoren zur Raumheizung. Strom stellt mit über einem Drittel den wichtigsten Energiebedarf in Wohngebäuden für die Wärmeversorgung dar. Im Jahr 2022 wurden laut European Heat Pump Association (EHPA) die meisten Wärmepumpen in Frankreich verkauft, insgesamt 621.776 Stück. Eine Besonderheit in Frankreich liegt darin, dass rund zwei Drittel der Stromerzeugung auf Atomenergie basieren – ein Umstand, der zumindest der Klimabilanz zugutekommt.
Die französische Regierung prüft aus Gründen des Klimaschutzes ein Verbot für die Installation neuer Gasheizungen. Wie die Zeitung „Le Parisien“ berichtete, berät das Energiewendeministerium hierzu bis Ende Juli mit Politikern und der Branche. Dabei handelt es sich nicht um eine zwingende Aufforderung zum Austausch von Gasheizungen, sondern um eine schrittweise Umstellung, wie seitens der Regierung betont wurde.
Um die Klimaschutzverpflichtungen bis 2030 zu erfüllen, soll der Austausch von Öl- und Gasheizungen durch Wärmepumpen beschleunigt werden. Bereits seit 2022 sind in Frankreich Gasheizungen in Neubauten untersagt und erhalten keine staatlichen Renovierungshilfen mehr.
Schweden – Pionier in Sachen klimaneutrales Heizen
Schweden wird oft als europäischer Vorreiter im Bereich klimaneutrales Heizen angesehen. Das Magazin Focus berichtet, dass die Wärmewende im schwedischen Gebäudesektor nahezu abgeschlossen ist. Viele Mehrfamilienhäuser und Nichtwohngebäude sind bereits an das Fernwärmenetz angeschlossen, das in den letzten 25 Jahren fast vollständig auf Klimaneutralität umgerüstet wurde.
Mittlerweile verfügen etwa 40 Prozent der Gebäude in Schweden über eine Wärmepumpe. Dieser Trend wurde vor allem durch hohe Abgaben, wie beispielsweise eine CO2-Steuer auf fossile Brennstoffe, vorangetrieben. Zudem tragen äußerst günstige Strompreise in Schweden zur Wettbewerbsfähigkeit von Wärmepumpen bei.
Früher Wandel in Dänemark
Dänemark, einst als „Ölland“ stark von Erdölimporten für die Energieerzeugung abhängig, hat seit dem Zweiten Weltkrieg eine bemerkenswerte Entwicklung durchlebt. Der Wendepunkt trat im Jahr 1973 ein, als die Ölkrise in vielen Industrieländern aufgrund hoher Energiepreise schwere Rezessionen auslöste und die dänische Wirtschaft stark beeinträchtigte. Dies führte frühzeitig zu einem Wandel im Land.
Heutzutage sind etwa 65 Prozent aller dänischen Haushalte an das gut ausgebaute Fernwärmenetz angeschlossen. Neben erneuerbaren Quellen wie Biomasse und Abwärme von Industrieanlagen setzt man verstärkt auf große Wärmepumpen. In Esbjerg, rund 300 Kilometer von Hamburg entfernt, steht eine der größten Meerwasser-Wärmepumpen der Welt. Diese Anlage, die etwa 100.000 Dänen mit sauberer Energie versorgt, wurde vom deutschen Unternehmen MAN errichtet.
Bereits 2013 wurden in Dänemark im Neubau Öl- und Gasheizungen verboten. Seit 2016 gilt zudem ein Verbot, alte fossile Heizkessel gegen neue auszutauschen. Fossile Energieträger werden in Dänemark darüber hinaus deutlich höher besteuert als in Deutschland.
Strompreis nicht allein ausschlaggebend für die Beliebtheit von Wärmepumpen
Es scheint, dass der Strompreis in den verschiedenen Ländern nicht zwingend einen entscheidenden Einfluss darauf hat, ob Wärmepumpen dort beliebt sind oder nicht. So ist der Strompreis in Dänemark beispielsweise einer der höchsten im europäischen Vergleich, dennoch belegt das Land den fünften Platz bei den im Jahr 2022 verkauften Wärmepumpen. Auch in Italien ist die Wärmepumpe vergleichsweise beliebt, obwohl der Strompreis dort vergleichsweise hoch ist. Ungarn hingegen, mit vergleichsweise niedrigen Strompreisen, setzt kaum auf Wärmepumpen.
Es ist daher wahrscheinlich, dass viele andere Faktoren eine größere Rolle bei der Entscheidung für eine bestimmte Art der Heizung spielen, wie beispielsweise finanzielle Förderungen oder gesetzliche Regelungen.